Kürzt uns nicht weg! Jeder dritte Freiwilligenplatz in Gefahr
25.7.2023
Freiwilligendienste in Gefahr! Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushalts ist für 2024 eine Kürzung der Freiwilligendienste in Höhe von 78 Millionen Euro vorgesehen. Für das Jahr 2025 droht eine weitere Reduzierung um 35,8 Millionen Euro. Zusammengenommen belaufen sich die angekündigten Kürzungen auf rund 35 Prozent. Damit würde jeder dritte Freiwilligenplatz wegfallen.
Sollten diese Pläne umgesetzt werden, gehen in den nächsten beiden Jahren über 38.000 der insgesamt rund 110.000 Freiwilligenplätze verloren. Das bedeutet ganz konkret:
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Jedes Jahr wird 38.000 jungen Menschen die Möglichkeit auf ein wichtiges Orientierungs- und Bildungsjahr verwehrt. Sie verlieren die Chance auf Erprobung und Kompetenzerwerb an der wichtigen Schwelle zwischen Schule, Ausbildungsentscheidung und Berufseinstieg.
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Jedes Jahr wird 38.000 Menschen die Chance genommen, durch einen Freiwilligendienst Verständnis und Wertschätzung für die gesellschaftliche Bedeutung sozialer, kultureller und ökologischer Belange zu entwickeln und ganz persönlich die Bedeutung von Gemeinsinn und gesellschaftlichem Engagement zu erfahren!
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38.000 etablierte Einsatzstellen fallen als Orte des Engagements weg. Damit verlieren Senior*innen im Pflegeheim, Kinder in Kitas und Grundschulen oder Patient*innen in Krankenhäusern Aufmerksamkeit und Zuwendung von Freiwilligen. Für das Fachpersonal in den Einrichtungen entfällt die Unterstützung bei Tätigkeiten, die keine fachliche Qualifikation, aber Zeit erfordern! Zusätzliche Angebote in den Einrichtungen, die erst durch Freiwillige möglich sind, werden massiv eingeschränkt oder fallen gänzlich weg.
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Die gesellschaftlich gewollte Inklusion von Menschen mit Unterstützungsbedarfen, Behinderung und jungen Menschen, die sich aufgrund ihrer sozialen Lage und ihrer familiären Situation keinen Freiwilligendienst leisten können, wird durch die Kürzungen nahezu unmöglich gemacht.
Wir sagen:
Die Mittelkürzungen sind völlig unverständlich angesichts der immensen Herausforderungen, mit denen unsere Gesellschaft konfrontiert ist. Denn Freiwilligendienste leisten durch Demokratiebildung und gelebte Inklusion einen unschätzbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen extremistische Tendenzen und Ausgrenzung.
Die Mittelkürzungen sind das absolut falsche Signal an eine gesellschaftliche Gruppe, die bereit ist, sich zu engagieren. Wie groß diese Gruppe ist, zeigt u.a. der Erfolg der Petition #freiwilligendienststärken. Knapp 100.000 Menschen haben sich in den letzten Wochen gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages für eine Stärkung der Freiwilligendienste und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für ihre Umsetzung ausgesprochen.
Die Mittelkürzungen bedrohen die Freiwilligendienste in ihrem Kern. Damit riskiert die Bundesregierung ein erfolgreiches und seit Jahrzehnten bewährtes Format für Orientierung, Bildung und gesellschaftliches Engagement junger Menschen kaputtzusparen! Inflationsbedingt sind schon gleichbleibende Mittel eine faktische Mittelkürzung (wegen deutlich steigender Kosten für Personal, Seminarhäuser und -verpflegung, Energie, Bürokosten, Honorare). Nötig wäre stattdessen eine deutliche Erhöhung der Fördermittel für die Freiwilligendienste.
So besteht die dringende Notwendigkeit, den Schlüssel für die pädagogische Begleitung der Freiwilligen von 1:40 auf ein Maß abzusenken, das den gestiegenen Anforderungen für eine adäquate Betreuung gerecht wird. Bereits seit Jahren – und verstärkt durch die Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie – ist festzustellen, dass junge Menschen zunehmend unter psychischen Belastungen leiden, die sich auch im Rahmen der Freiwilligendienste zeigen und eine erhöhte pädagogische Betreuung erfordern, die durch die bisherige Förderung nicht hinreichend abgedeckt ist.
Im Koalitionsvertrag wird das Ziel formuliert, die Freiwilligendienste zu stärken und „nachfragegerecht“ auszubauen. Jeder Euro für die Freiwilligendienste trägt zu einer Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und einer solidarischen Gesellschaft bei. Die Sicherung und der Ausbau der Freiwilligendienste leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag, um den Nachwuchsproblemen und dem Fachkräftemangel in den sozialen Berufen zu begegnen.
In einem ersten Schritt bedeutet die Umsetzung des Koalitionsvertrags daher ohne Wenn und Aber: Das aktuelle Budget der Freiwilligendienste FSJ, FÖJ und BFD muss im Bundeshaushalt für das Jahr 2024 und in den Eckpunkten für 2025 unbedingt im bisherigen Umfang verankert werden!