The Future is freiwillig – Engagement ohne Pflicht

Wir haben ein Positionspapier veröffentlicht, in dem wir uns für eine Stärkung der Freiwilligendienste und gegen Pflichtdienste aussprechen.

Für eine Stärkung der Freiwilligendienste und gegen Pflichtdienste.

Jedes Jahr leisten rund 100.000 überwiegend junge Menschen in Deutschland einen Freiwilligendienst. Dass sie dies freiwillig tun, ist ein hohes Gut. Wir organisieren seit über 70 Jahren verschiedenste Formen von Freiwilligendiensten und sprechen uns entschieden dafür aus, dass dies so bleibt. Mit einem Positionspapier, das wir heute an Medien und Politik verschickt haben, setzen wir uns dafür ein, die Rahmenbedingungen der Freiwilligendienste als eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements weiter zu verbessern.

Pflichtdienst, Pflichtjahr, Gesellschaftsjahr – von SPD bis CDU hat die Idee des sozialen Pflichtdienstes Anhänger*innen. Das verpflichtende Jahr soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, den Fachkräftemangel lösen und ehrenamtliches Engagement fördern. Im Positionspapier nehmen wir die Argumente der Befürworter*innen unter die Lupe. Wir machen deutlich, dass Engagement, dass auf Freiwilligkeit basiert, einen wirksameren Beitrag für die Stärkung der Zivilgesellschaft leisten kann.

Prägende Lern- und Lebenserfahrungen gelingen nämlich vor allem dort, wo eine positive Grundmotivation und anregende Rahmenbedingungen zusammentreffen. Pflicht und Zwang behindern nachhaltige Lernprozesse. Dies gilt insbesondere für soziales Lernen, weil dafür positive Gruppenprozesse in Gang gesetzt werden müssen, die sich in einem Pflichtkontext schwer initiieren lassen.

Die Vorstellung, dass ein Pflichtdienst zum sozialen Kitt der Gesellschaft werden könnte, geht an der Realität vorbei. Solidarität, Empathie und Gemeinsinn können nicht erzwungen werden. Wer wirklich an einem stärkeren Zusammenhalt der Gesellschaft interessiert ist, muss an anderen Stellen ansetzen. Dazu gehört es, der weiter wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich entgegenzuwirken, Teilhabe von Minderheiten weiter zu verbessern und nicht zuletzt über das dreigliedrige Schulsystem nachzudenken, statt nach der Schule zwangsweise zusammenführen zu wollen, was vorher fein säuberlich getrennt wurde.

“Eine Zivilgesellschaft wächst nicht dort, wo Vorgaben gemacht werden, sondern da, wo sich Menschen frei entscheiden und echte Selbstwirksamkeit erleben können.”

Wir warnen zudem eindringlich davor, die Debatte um ein Pflichtjahr mit dem Personal- und Fachkräftemangel in der Pflege zu verknüpfen. Der Pflegenotstand kann nicht mit Hilfskräften auf Taschengeldbasis bekämpft werden. Eine Entprofessionalisierung sozialer Berufe ist ebenso wenig erstrebenswert wie, dass die Wertschätzung dieser Berufe und pflegebedürftige Menschen unter dem verpflichtenden Einsatz ungelernter Kräfte leiden.

Statt der Einführung eines allgemeinen Pflichtdienstes fordern wir eine weitere Stärkung und Verbesserung der Bedingungen für die bereits seit langem gut funktionierenden Freiwilligendienste. Hierzu zählt vor allem die finanzielle Absicherung der Freiwilligendienste: Das Freiwillige Soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst sind aktuell durch eine dauerhafte Reduzierung der Mittel im Bundeshaushalt ab 2024 mindestens um 30 Mio. Euro bedroht.

Neben der Erhöhung der Bundesmittel fordern wir im Positionspapier weitere Maßnahmen, um die Freiwilligendienste zu stärken: Öffentlichkeitsarbeit muss gefördert werden, um Freiwilligendienste bekannter zu machen. Das Taschengeld muss erhöht werden, um eine Teilhabe an den Freiwilligendiensten unabhängig vom Geldbeutel der Eltern zu eröffnen. Und der Schlüssel für die pädagogische Begleitung der Freiwilligen muss verbessert werden, um Inklusion und gesellschaftliche Integration sicherzustellen.

Diese Maßnahmen würden weit mehr zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen als ein Pflichtjahr und wären im Vergleich dazu mit einem Bruchteil der finanziellen Mittel umsetzbar.

03.05.2023

Lese hier das komplette Positionspapier:
ijgd-Positionspapier zur Pflichtdienstdebatte

 

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